Steinbogenbrücken

  • Ein Thema bei dem mir sicher der Herr Bauingenieur weiter helfen kann, ja, Oski, du bist gemeint. ;)


    Gibt es eine einfache Regel die aussagt wie sich die lichte Bogenweite zur Brückenhöhe verhält? Nach welchen Regeln wird die lichte Weite einer Steinbogenbrücke festgelegt? Betrifft die Bauart wie es sich beim Aussersihler Viadukt, dem Saane Viadukt (lichte Weite 10m) und Waldbach Viadukt findet.


    Saane Viadukt


    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Lieber Erwin
    Deine geschätzte Anfrage beantworte ich mit überquellender Freude! Es ist nämlich so: Gottlob gibt es nicht einfach eine Formel oder nur ein einzuhaltendes Verhältnis zwischen Lichter Weite und Brückenhöhe. Wenn es dies gäbe, würden die Bauingenieure nicht benötigt und das wäre doch schade, oder etwa nicht?
    Die Problematik der Steinbogenbrücken ist sehr vielschichtig. Einerseits sieht man als Betrachter immer nur die witterungsbeständigen Natursteine, andererseits weiss man über den inneren Aufbau der Pfeiler und Gewölbe nichts. In der Regel sind die Pfeiler mit gemörteltem Bruchsteinmaterial verfüllt und mit einem Kranz von witterungsbeständigen Natursteinblöcken ummauert. Die Bögen haben immer eine untere Lage Natursteine, die den Bogendruck aufnehmen müssen. Seitlich wird ebenfalls wegen der Witterung eine Randmauer hochgezogen. So entsteht im Querschnitt eine Art Wanne aus Naturstein. Im Zwischenraum wird wiederum gemörteltes Bruchsteinmaterial verfüllt. Auf dieser Füllung wird dann der Oberbau der Bahn aufgebaut. Bei mehrgleisigen Brücken wird im Innern nochmals eine Trennmauer hochgezogen, es entstehen dann zwei Wannen nebeneinander. Diese drei Mauern (2 am Rand, 1 in der Mitte) werden über den Pfeilern quer verbunden. Die Kräfte bei den doppelspurigen Bogenbrücken sind nicht mehr einfach zu bestimmen, deshalb sind mehrspurige Brücken eher selten. Ein weiteres Problem sind die grossen Horizontalkräfte, die beim Abstützen der Bogen auf die Pfeiler am sogenannten Kämpfer entstehen. Die Kämpfer können nur relativ kleine Kraftdifferenzen aufnehmen. Solange beide angrenzenden Lichten Weiten gleich gross sind, hält sich die Sache etwa im Gleichgewicht. Dort, wo die Brücke aber ihren Anfang hat, muss entweder ein grosses Widerlager gebaut werden, oder die Lichten Weiten werden verkleinert. Deshalb haben viele dieser Brücken am Anfang und am Ende Spannweiten von 5 bis 6 m, die gegen die Brückenmitte vergrössert werden bis zu 30 m und mehr.
    Hier noch eine Zusammenstellung für die Steinbogenbrücken in Deutschland:
    Lichte-Weiten.pdf
    Bei allen Steinbogenbrücken ist gemeinsam, dass über dem Natursteinbogen im Scheitelpunkt eine Aufbauhöhe von nur 50 bis 100 cm vorhanden ist. Der Bogenscheitel soll nicht eingedrückt werden.
    Hilft das vorerst etwas?
    Herzliche Grüsse
    Oski

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    ...auch Nichtraucher können süchtig sein nach Zündhölzern!

  • Hilft das vorerst etwas?


    Lieber Oski


    Das hilft mir schon wieder ein gutes Stück weiter, Danke. :thumbsup: Sonst weiss ich wo ich weitere Fragen deponieren kann. ;)

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Das finde ich ein ausgesprochen spannendes Thema! Habe erst kürzlich eine Sendung - glaube auf auf ZDFinfo oder ntv - zum Thema der Bogenkonstruktionen bei den mittelalterlichen Kathedralen gesehen. Da wurde viel über diese Bogenkonstruktionen erklärt, von den Kräften die da wirken - aber mit einem kleinen, aber wesentlichen Unterschied zum Brückenbau: Diese Konstruktionen müssen nur stehenbleiben, aber ohne zusätzliche Last von oben (der heilige Geist oder wer auch immer hat da offenbar kein grosses Gewicht ;) )

    Gruss


    Roland

  • Roland


    Die Sendung kam auf ZDF Info. Ich habe sie auch gesehen. War sehr lehrreich.


    Grüsse


    Roger

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • die Form selber ist aber mathematisch schnell erklärt. Dies ist eine sogenannte cosh-Funktion


    Lieber Martin
    Bei der von dir erwähnten Bogenkonstruktion handelt es sich um ein Tragwerk, das nur sich selbst tragen muss und natürlich auch quer zum Bogen die Windkräfte. Die Bogenkonstruktionen bei den Steinbogenbrücken sind in der Regel keine Cosh-Funktionen sondern Kreise oder im besten Fall Parabeln. Das Problem liegt bei der Belastung. Der Bogen müsste für jede Laststellung eine andere Form aufweisen, damit immer und überall nur Druckkräfte entstehen. Da man das nicht hinkriegt, genügt auch eine einfachere mathematische Form. Am stärksten belastet werden die Bogenkonstruktionen, wenn sich ein Zug auf einem Bogenabschnitt befindet und auf dem benachbarten Bogenfeld keine Last vorhanden ist. Es sind schon solche Konstruktionen zusammengebrochen dabei. Deshalb versucht man, das Eigengewicht der Brücken im Vergleich zur darüberfahrenden Last hoch zu halten. So "stört" die Nutzlast die Statik des Bogens nicht so stark.
    Herzliche Grüsse
    Oski

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  • Lieber Martin
    Ich habe dich schon verstanden. Auch habe ich dir nicht widersprochen, denn, alles was du sagtest, war ja richtig. Ich freue mich einfach, etwas von meinem Fachwissen weitergeben zu können.
    Herzliche Grüsse
    Oski

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