Ein- oder zwei Pantographen

  • Hallo Röbi


    Soweit ich informiert bin wird bei Gefahrengut (z.B.brennbare Stoffe oder Chemikalien) bei der Zugmaschine der vordere Stromabnehmer in Betrieb gesetzt. Wie gesagt. Ich habe diese Info nur noch wage im Hinterkopf. Das können Dir die Profis sicher besser beantworten.


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Soweit ich informiert bin wird bei Gefahrengut (z.B.brennbare Stoffe oder Chemikalien) bei der Zugmaschine der vordere Stromabnehmer in Betrieb gesetzt.


    Das stimmt schon, aber das allein kann ja nicht der Grund für zwei Panthos sein.
    Ich vermute mal, dass es wegen der Redundanz im Störungsfall ist. Aber dann frage ich mich, warum das bei Triebwagen nicht ebenso nötig sein soll.

  • Ich vermute mal, dass es wegen der Redundanz im Störungsfall ist.

    Das glaube ich nicht. Mir hat kürzlich ein Club-Kollege ein Foto gezeigt und dazu gesagt, dass die Pathos nicht nach Vorschrift gesetzt wurden. Also ist der Grund woanders zu suchen :)
    Alles was ich zu diesem Thema sonst noch weiss ist, dass bei den TRAXX (wie auch bei einigen Thurbo GTWs) jeweils der eine Pantho für den Betrieb in Deutschland nötig ist.


    Gruess
    Reto

  • Das glaube ich nicht. Mir hat kürzlich ein Club-Kollege ein Foto gezeigt und dazu gesagt, dass die Pathos nicht nach Vorschrift gesetzt wurden. Also ist der Grund woanders zu suchen


    Aber das könnte doch genau meine Vermutung bestätigen: Der Lokführer hat die Panthos nicht nach Vorschrift gesetzt, weil einer davon defekt war.


    Alles was ich zu diesem Thema sonst noch weiss ist, dass bei den TRAXX (wie auch bei einigen Thurbo GTWs) jeweils der eine Pantho für den Betrieb in Deutschland nötig ist.


    Das ist schon klar, aber nicht das was ich meine. Ich meine die doppelten Panthos für den Betrieb in der Schweiz.

  • Sollte sich bis Freitag kein Experte gefunden haben, so werde ich diese Frage in den Club mitnehmen.
    Dort gibt es genügend Bahnpersonal, welches diese (einfache?) Frage beantworten können sollte :thumbup:


    Gruess
    Reto

  • Nun es ist in der Tat so das 2 Stromabnehmer als Redundanz montiert wurden. Allerdings kam man im Laufe der Zeit auf die Idee/Gedanke, dass meistens bei einem Stromabnehmerschaden die Fahrleitung so oder so auch defekt ist. Eine Weiterfahrt bei herunterhängender Fahrleitung ist dann ja auch nicht mehr möglich. Ausserdem ist ja in der Regel der hintere gehoben, dass bei einem Schaden nicht noch die ganze Dachausrüstung verloren geht. Mit einem Stromabnehmer lässt es sich bei einer Lokomotive nicht vermeiden das der Pantograph irgendwann vorne ist.


    Auf den älteren Triebwagen war meistens schlicht und einfach auch kein Platz für einen 2. vorhanden. Und auf den neueren wird man ihn aus Gewichts-, Unterhalts- und dem oben genannten Grund weglassen. Aber warscheinlich müsste man da die Fahrzeughersteller fragen.


    Martin


    PS: Als es noch keine doppelten Schleifleisten gab, war das fahren mit 2 Stromabnehmer Pflicht. Seit der Erfindung und Nutzung der doppelten Schleifleiste nicht mehr. Die Kontaktsicherheit und Erwärmung war nun in einem zulässigen Bereich.

  • Danke, Martin, vielleicht ist es auch ein wenig Tradition, dass eine "richtige" Lok eben zwei Panthos hat.


    PS: Als es noch keine doppelten Schleifleisten gab, war das fahren mit 2 Stromabnehmer Pflicht.


    Das muss aber schon sehr lange her sein. Ich kann mich nicht erinnern, überhaupt je eine SBB Lok im Massstab 1:1 mit beiden Heugümper oben fahren gesehen zu haben. Bei der ChRB hingegen kommt das aus Kontaktgründen schon gelegentlich vor.

  • Ja das war schon sehr lange her. Am Anfangszeit der Elektrifizierung gab es das. Du müsstet mal nach ein paar alten Loktypen(Be 4/6, Ce 6/8 I, usw.) googeln. Vielleicht findest du dann Bilder oder in gewisser Fachliteratur(zum Vorbild) ist natürlich sowas was abgebildet. Das wurde eben gemacht wegen den hohen Strömen an einer Schleifleiste. Bei der RhB auf der Berninastrecke werden bei Bergfahrt auch beide Stromabnehmer gehoben, obwohl dort bei den neueren Fahrzeugen 3fach Schleifleisten vorhanden sind. Nur fliesst bei kleiner Spannung ein dementsprechend hoher Strom und die Fahrleitung würde sich unzulässig erwärmen und/oder die Funkenbildung zu stark zunehmen.


    Martin

  • @Röbi: Musterbeispiel (fast) vor deiner Haustüre: Die WSB fährt wegen der tiefen Fahrdrahtspannung auch konsequent mit beiden Pantos oben! Die Triebwagen von 1965 wurden daher sogar mit einem zweiten Stromabnehmer nachgerüstet (1x Schere, 1x Einholm)...

    Es grüsst euch
    christian

  • Ich habe diese Frage Bruno Lämmli (Beruf: Lokführer) gestellt und hier ist seine Antwort dazu:
    Guten Tag


    So schnell und einfach ist die Antwort nicht zu geben. Ich beginne daher mit den Triebwagen, die meistens nur einen Stromabnehmer besitzen. Triebwagen arbeiteten meistens in einem engeren Umkreis um die Depots, daher konnte das Fahrzeug bei einem defekten Stromabnehmer schnell abgeholt werden. Hinzu kommt, dass Triebwagen oft mit Pendelzügen zu festen Formationen verbunden werden und sehr oft alleine verkehren. Auch heute gilt diese Regel noch, denn Triebwagen für weite Strecken, wie der ICN, oder die RABe 511 aus dem Hause Stadler, haben zwei Stromabnehmer.


    Genau hier kommen nun die Lokomotiven ins Spiel. Diese werden auf langen Strecken eingesetzt und bei einem defekten Stromabnehmer dauert es lange, bis das Hilfstriebfahrzeug eintrifft. Eine Ausnahme bei den SBB bildet die Re 4/4 II der ersten Generation. Auf der kurzen Lokomotive fehlte schlicht der Platz für zwei Scherenstromabnehmer, so dass man auf einen verzichtete. Mit den Einholmstromabnehmern kamen dann wieder zwei Stromabnehmer zum Einsatz. Die BLS verzichtete auf den zweiten Stromabnehmer, weil man Platz für die Bremswiderstände benötigte. Neuere Lokomotiven haben zwei Stromabnehmer.


    Ein weiterer Punkt ist, dass spezielle Vorschriften für die Verwendung der Stromabnehmer bestehen, so dass man eigentlich wirklich zwei Stromabnehmer benötigt. Hier die Regeln:


    - Grundsätzlich ist der hintere Stromabnehmer zu heben. Kurze Strecken von bis zu 10 km dürfen auch mit dem vorderen befahren werden.
    - Folgt der Lokomotive ein Fahrzeug mit Frontscheiben (Lokomotive oder Steuerwagen) ist der vordere Stromabnehmer zum Schutz der Scheiben zu verwenden
    - Sind hinter der Lokomotive offene Autowagen eingereiht, ist der vordere Stromabnehmer zum Schutz der Ladung zu verwenden. (In Deutschland existieren noch umfangreichere Einschränkungen)
    - Folgt der Lokomotive ein Panoramawagen, ist ebenfalls der vordere Stromabnehmer zu verwenden. (Hier sollen die Reisenden nicht geblendet werden)


    Soweit zu den normalen Lokomotiven und Triebwagen. Bei Fahrzeugen, die mit mehreren Systemen ausgerüstet sind gelten andere Regeln. Als Beispiel die neuen Lokomotiven oder der RAe TEE II. Dort ist meistens ein Stromabnehmer für ein System vorhanden, dass kann jedoch immer noch zu vier unterschiedlichen Stromabnehmern führen. Sobald einer nicht benötigt wird, kommt ein zweiter Stromabnehmer des gleichen Systems zum Einsatz. Re 482, 484 und 474.


    Mit freundlichen Grüssen


    Bruno Lämmli


    Gruess Heinz

  • Sehr informativ - vielen Dank!!! :):)

    Gruss Günther

  • Danke ebenfalls, wirklich interessant. Ich dachte immer an die Physik. Der vordere Stromabnehmer muss den kinematischen Gesetzen gehorchend wesentlich weniger Anpressdruck aufweisen und darum eher hüpfen. Auch wenn man das durch entsprechende Federungen ausgleichen will, bleibt immer noch die dynamische Instabilität. Ein Pantho, der sich schliessen kann, drückt weniger als einer, der sich öffnen müsste (Einholm, damit kein Streit entsteht).
    Das habe ich jetzt so schön erkannt, jetzt spiele ich eins... (Bassgeige daher!)
    herzliche Grüsse
    Oski

    signatur_egos.jpg

    ...auch Nichtraucher können süchtig sein nach Zündhölzern!

  • Das habe ich jetzt so schön erkannt, jetzt spiele ich eins...


    Oski, es ist insofern wieder falsch, weil zwei gehobene Pantos unerwünschte Auswirkungen (Schwingungen) auf den Fahrdraht haben. Wurde vor einiger Zeit im HF so berichtet.
    Mithin ein Problem bei unglücklich zueinander stehenden Loks mit Solo-Panto à la Re 425.

    Gruss

    Peter


    dif-tor heh smusma - live long and prosper

  • Bruno Lämmli ist ja für seine ausgezeichnete Webseite betreffend Fahrzeuge der SBB sehr bekannt. Danke Dir, Heinz, für die Nachfrage bei ihm.


    Ob der ganzen Pantograferei: Ist eigentlich noch nie jemand auf die Idee gekommen, den Strom induktiv von der Fahrleitung zu nehmen? - ich frage mich das natürlich als absoluter Laie. Wissenschaftler mögen mir verzeihen.

    Gruss Roger


    95 von 121 grünen Ae 6/6


    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.

  • Danke Heinz, für die Beschaffung der Erklärung von Bruno Lämmli. Das ist wirklich sehr informativ.
    Es ist also schon, um eine gewisse Redundanz für den Störungsfall zu erreichen. Und ein dringendes Bedürfnis ist es nicht, also macht man's dort, wo es gut geht, und sonst lässt man es eben weg.

  • Ist eigentlich noch nie jemand auf die Idee gekommen, den Strom induktiv von der Fahrleitung zu nehmen?


    Roger, auf die Idee sind wahrscheinlich schon einige gekommen. Das scheitert an den physikalischen Gegebenheiten. Der Energiebedarf einer Lok ist halt schon in einer ganz anderen Grössenordnung als der, welcher zum Aufladen einer elektrischen Zahnbürste benötigt wird. Zudem wäre die Frequenz alles andere als geeignet für eine Induktive Übertragung (unser HF-Technik-Dozent hat mal gesagt: "Alles unter 100 MHz ist Gleichstrom"). Und eine Speisung mit hoher Frequenz würde hundert andere Probleme mit sich bringen.