Ersetzen von gerissenen Zahnrädern an einer Roxy Ae 6/8

  • Vor einiger Zeit wurde ich gebeten die gerissen Zahnräder einer Roxy Ae 6/8 zu ersetzen. Ohne viel zu überlegen sagte ich zu, in der Meinung eine meiner vorhandenen Radaufpressvorrichtungen passt sicher.


    Wie das im Leben so üblich ist, selbstverständlich hat nichts gepasst, wäre auch zu einfach gewesen. Wieso ein Hersteller auf die Idee kommt Achsen mit einem Durchmesser von 2.40mm zu wählen ist mir auch ein Rätsel.


    Nun ja, als erstes einen Pressbolzen für die Radscheiben skizziert, dazu noch ein Dorn um die Zahnräder auf die Achse zu pressen. Eine ideale Arbeit für einen ETH Praktikanten, der mir diese Teile herstellte. Der Pressbolzen für die Radscheiben benötigt auf der Planseite eine Freistellung (Planeinstich) damit die vorstehen Federpakete frei liegen und die Plananlage auf der Radscheibe ist. Bevor ich mich ans Werk machte, kurz den Bohrungsdurchmesser der neuen Zahnräder vermessen, Ø2.33 bis 2.34. Sechs bis sieben hundertstel Pressung, schon etwas viel, die Zahnräder reissen so sicher bald wieder. Nun gut, beschaffe ich noch je eine Reibahle mit Ø2.36 und 2.37. Der Ø2.36 ist genau der Richtige, versuchshalber ein Zahnrad auf eine Achse aufgezogen um zu sehen wie sich das Zahnrad längerfristig verhält. Nach zwei Wochen kam ich zum Ergebnis, es verhält sich masslich stabil, ich kann damit weiter fahren.


    Um das gewünschte Spurmass von 14.1 einfach einstellen zu können, liess ich mir noch eine entsprechende Distanzlehre fräsen. So gerüstet konnte ich endlich zur Tat schreiten und die Zahnräder aufziehen und die Radscheiben aufpressen. Auf einer Granitmessplatte kurz den Lauf der Räder geprüft, oh Schreck oh Graus, der Planlauf der Radscheiben ist echt katastrophal. Also nochmals alles demontieren und sorgfältig zusammen bauen. Das Ergebnis, genauso schlecht wie zuvor. Da das Vorgehen und die Methode korrekt sind können eigentlich nur die Achsen krumm sein. Alle nochmals ausgebaut und auf der Messplatte geprüft, die Dinger sind grauenhaft krumm, der Fehler somit klar.


    Die billigste Variante an genaue Achsen mit dem Ø2.40 zu kommen, man kauft sich für ein paar Franken einen Auswerferstift bei BRW und längt diesen auf 20mm ab. Hat den Vorteil, dass er gehärtet und geschliffen ist. Das Thema Achsenverschleiss ist somit auch vom Tisch.


    Das Ablängen geht schnell und einfach mit dem simplen Gerät von Rali-Cut . Danach auf der Drehmaschine, in meinem Fall eine Weiler Praktikant, die Achsen auf die richtige Länge gedreht und facettiert.


    Damit war ich wieder einmal soweit wie zuvor. Alles zusammengebaut und siehe da, die Räder haben nun keinen sichtbaren Planschlag mehr, mit Ausnahme einer Radscheibe mit Haftreifen, die muss von vorher bereits einen Schaden davon getragen haben. Den verschiedenen Kampfspuren nach auf den Radscheiben wurde vorher mit den groben Werkzeugen daran herumgewerkelt.



    Einmal mehr kam auch hier meine bevorzugte Fehlmann Picomax 54 zum Zug. Alles benötigte Material liegt bereit.



    Das Material von Links nach rechts


    • Spannzangenhalter mit eingespannter Achse und aufgepresstem Zahnrad
    • Auswerferstift
    • Achse
    • Aluminium Spurlehre mit Ausfräsungen für das Zahnrad
    • Im Vordergrund zwei Radscheiben
    • Pressdorn für Zahnräder
    • Ausrichtstift zum einfachen Ausrichten der Spindel auf den Spannzangenstock
    • Fertiger Radsatz
    • Parallelunterlagen zum einstellen der Distanz Zahnrad Radscheibe
    • Radsatz mit aufgesetzter Abziehvorrichtung


    Achse mit Zahnrad im Pressdorn



    Einpressen der Achse in die erste Radscheibe. Vor dem Einpressen lässt man die Spindel kurz drehen um den Rundlauf der Achse zu prüfen. Nach dem Einpressen lässt man die Achse mit der Radscheibe rotieren und kann so einfach den Planlauf prüfen.



    Aufpressen der zweiten Radscheibe.



    Einstellen des Radsatz Innenmasses mit der Distanzlehre.


    Das ganze Prozedere geht sicher auch mit einfacheren Mitteln, mir steht dieser Maschinenpark zur Verfügung und mit den hergestellten Hilfsmitteln lässt sich alles einfach und sicher präzise montieren. Die Methode mit Zange, Hammer und Schraubenzieher führt hingegen definitiv nicht zu einem guten Ergebnis.


    Falls jemand mit seiner Roxy Ae 6/8 das gleiche Problem hat, die Hilfsmittel dazu sind jetzt vorhanden.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Erwin, ich beneide dich um die Werkstätten, Werkzeuge und den Maschinenpark, der dir zur Verfügung steht.
    Ich würde manchmal auch gerne das eine oder andere reparieren oder umbauen, aber viel mehr als Schraubenzieher, Zange und Lötkolben haben wir leider nicht.

  • Lieber Erwin
    das war ein interessanter Beitrag (wie schon oft). Was ich nicht verstehe: offensichtlich ist das neue Zahnrad wieder aus Kunststoff, wenn du befürchtest, dass es in Bälde wieder reissen werde. Warum stzt man nicht ein Metallzahnrad ein? Gibt es ein Abnützungsproblem oder reissen auch Metallzahnräder?
    herzliche Grüsse
    Oski

    signatur_egos.jpg

    ...auch Nichtraucher können süchtig sein nach Zündhölzern!

  • Oski,


    Die Zahnräder wurden mir so angeliefert. Ein Messingzahnrad reisst nicht, die Abnützung ist sicher auch kein Problem. Es verursacht hingegen grössere Laufgeräusche und muss regelmässig geschmiert werden. Ob es ein passendes Zahnrad aus Metall im Handel gibt weiss ich nicht.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Ein Messingzahnrad reisst nicht, die Abnützung ist sicher auch kein Problem. Es verursacht hingegen grössere Laufgeräusche und muss regelmässig geschmiert werden. Ob es ein passendes Zahnrad aus Metall im Handel gibt weiss ich nicht.


    In diesem Zusammenhang habe ich eben was erfahren. In meiner Nachbarschaft ist Kälin Galvanik AG zu Hause. Ich habe deren Dienste kürzlich zum Entfernen der Chromschicht von Re 460 Jubi-Loks benötigt (auf dem Chrom hält die Farbe schlecht, auf der darunterliegenden aufgerauhten Nickelschicht aber schon - gemäss Roli Kälin sei die Chromschicht von Hag übrigens qualitativ sehr gut!). Beim Gespräch hat mir Roli ganz stolz erklärt, dass sie eine der wenigen Firmen seien, die auch Zahnräder veredeln würden, damit keine Schmierung mehr nötig sei und dadurch die Abnützung so minimal gehalten werde wie nur immer möglich und massiv längere Lebenszyklen erreicht werden können (übrigens auch für den Einsatz im Lebensmittelbereich und das heisst doch was).

    Gruss


    Roland

  • Roland,


    Die Firma kenne ich, Teile zum sauer verzinken schicke ich jeweils dort hin.


    Weisst du wie das Verfahren zum Oberflächenbehandeln der Zahnräder heisst? Tönt wirklich interessant und die Lebensmittelindustrie hat wirklich höchste Ansprüche, da darf nichts abplatzen oder sichtbaren Abrieb erzeugen.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Weisst du wie das Verfahren zum Oberflächenbehandeln der Zahnräder heisst? Tönt wirklich interessant und die Lebensmittelindustrie hat wirklich höchste Ansprüche, da darf nichts abplatzen oder sichtbaren Abrieb erzeugen.


    Das Verfahren nennt sich Endurisieren (ist aber gemäss Roli nur bei Eisen- oder Stahlteilen einsetzbar)

    Gruss


    Roland