Revision eines Hauptschalters

  • Hallo


    Nach längerer Zeit, habe ich wieder einmal einen alten Hauptschalter DBTF 20 i200 zur Revision erhalten.


    Dieser Schalter wurde bei den verschiedensten Loktypen weltweit eingesetzt. In der Schweiz wurde der Schalter bei den Ae 6/6 , Re 4/4 II ,III und IV , Re 6/6 und bei verschiedenen Triebwagen eingesetzt. Das Prinzip ist sehr einfach. Beim Ausschalten des Hauptschalters ensteht ein Abrissfunke, der im Hauptschalter mit hohem Luftdruck in der Löschkammer gelöscht wird. Dies ist sehr wichtig, weil dieser Abrissfunke sonst enorme Schäden an der Loktechnik fabrizieren würde. Ich stelle hier nun ein paar Abrisse (Fotos) ein . Wegen des Betriebsgeheimniss kann ich natürlich nicht das Vorgehen der Revision erklären. Trotzdem ist es sicher anhand der Bilder interessant zu sehen, wie aus einer Ruine wieder ein neuwertiger Schalter entsteht.



    Der Schalter noch im angelieferten Zustand



    Der Trennmesserkopf mit Drehisolator



    Trennmesserkopf im demontierten Zustand. Dieser Kopf ist wegen der starken Abbrandspuren nicht mehr verwendbar.



    Dies ist der Wiederstand



    Die geöffnete Löschkammer



    Und hier zerlegt



    Hier ist der Aufbau fast komplett demontiert



    Jetzt kommt das Innenleben an die Reihe. Das Innenleben besteht aus einem Luftbehälter, Hauptventil, Verzögerungsventil, Trennmesserantrieb, Steuerblock und Hilfsschalter.


    Teil 2 folgt


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

    3 Mal editiert, zuletzt von Haller ()

  • Hallo Roger
    Super Sache! :thumbsup: endlich seh ich mal so ein Teil aus der nähe... auf den Dächern sind sie immer Grau in Grau und so schlecht zugänglich!
    Gruss Dumeng

  • Roger,


    Kannst du auch die genaue Funktionsweise des Schalters erklären. Mir sind Schalter die ein paar Nummern grösser sind bekannt, solche von ABB, gefüllt mit SF6 Gas und zum Schalten von grossen Kraftwerken.


    Ich warte schon gespannt auf den zweiten Teil deines Berichtes.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Ja, wirklich interessant! Dass ein Schalter so kompliziert sein muss, hätte ich nicht erwartet :search:


    Jedenfalls musst Du am Schluss die ganze Einheit dunkelbraun lackieren - sonst stimmt das Vorbild nicht mit dem HAG-Modell der Ae 6/6 überein. :phat:

    Gruss Roger


    95 von 121 grünen Ae 6/6


    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.

  • Guten Abend Roger 2, danke für deinen Bildbericht :). Für mich als nicht Mechaniker wirklich spannend.


    Gruss
    Albert

    MAS 60

  • Der Schalter wurde von BBC entwickelt und hat eine Abschaltleistung von 200MVA bei 15 kV und 16,7Hz Der Druck liegt bei 7 Bar.


    Der Schalter besteht aus einem aktiven Hochspannungsteil und der besteht aus der Löschkammer,dem Trenner und dem Wiederstand. Beim Ausschalt-Vorgang öffnet sich zuerst der Düsenkontakt der Löschkammer, wobei der Abschaltfunken durch einen starken Luftstrom gelöscht wird,der zwischen dem festen und den beweglichen Kontakt hindurchströmt. Wenn die Blaszeit zum löschen des Funkens vorüber ist, unterbricht der Trenner, der sich stromlos öffnet, den Stromkreis, und der Düsenkontakt wird wieder geschlossen. Beim Einschalten wird die Löschkammer nicht betätigt, sondern der Stromkreis mit Hilfe des Trenners direkt geschlossen. Der Spannungsabhängige Wiederstand, der zur Löschkammer parallel geschaltet ist,vermindert seinerseits Ueberspannung, die bei den Schaltvorgängen auftreten können.Die Steuerung und der Antrieb des Hauptschalters setzen sich aus dem Steuerblock, dem Trennerantrieb, dem Hauptventil, einem Verzögerungsventil und dem Hilfsschalter zusammen. Erfolgt ein elektrischer Ausschaltbefehl , so wird das Ventil des Steuerblocks betätigt, das seinerseits über das Hauptventil die Löschkammer unter Druck setzt. Zugleich wird dem Verzögerungsventil Druckluft zugeleitet, die mit einer Verzögerung im Millisekundenbereich zum Trennerantrieb weiterströmt,, der einerseits den Trenner öffnet und andererseits das Ventil im Steuerblock wieder schliesst. Bei diesem Vorgang schliessen sich Hauptventil und die Löschkontakte ebenfalls wieder, womit der Ausschaltvorgang abgeschlossen ist. Beim Einschaltbefehl wird gleichfalls das Ventil des Steuerblocks betätigt, das seinerseits den Trennmesserantrieb bedient, wodurch der Trenner geschlossen wird.


    @ Martin, die Re 6/6 verfügt ebenfalls über den Schalter Typ DBTF 20i200.


    So ich hoffe, ich konnte Euch kurz die Funktionsweise des Schalters erklären. Morgen werde ich den Schalter wieder zusammen setzen. Ich hoffe er funktioniert auch wieder ;( . Fotos folgen.


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Roger,


    Danke für die Erklärungen, ich denke ich habe es verstanden, habe allerdings schon ähnliche BBC Schalter für Anwendungen im Bereich der Stromversorgung gesehen. BBC hat schöne Schnitt-Funktionsmodelle davon. Gibt es so etwas auch bei euch? Damit lässt sich die Funktion sehr anschaulich verdeutlichen.


    Also Roger, ein anständiger Mechaniker bringt auch wieder zusammen was er zerlegt hat. :)

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Hallo Erwin


    Solche Schnittmodelle vom DBTF habe ich noch nicht gesehen. Wenn es so was gegeben hat, ist es sicher mitlerweile entsorgt worden. Aktuell wurde von ABB das Werkzeug zur Herstellung von Supportern entsorgt. Dies ist das Bauteil, wo die mechanische Steuerung des Steuerblocks aufnimmt. Und das beste kommt noch. Die selbe Firma bestellt in unregelmässigen Abständen bei uns neue Steuerblöcke. Ist doch toll, oder. :zombie:


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Roger,


    Das wundert mich bei ABB überhaupt nicht. Gewisse Produkte sollen in Zukunft aus Kostengründen in Osteuropa montiert und die dazugehörige Montage in Oerlikon auf 2015 geschlossen werden. So wirklich scheint es dort noch nicht zu klappen und es gibt immer wieder Kunden die eine Montage ihrer Schalter in der Schweiz als Bedingung angeben. Für die Herstellung von Prototypen dienen schon seit Jahren die Ausbildungszentren LIBS, da alle eigenen Werkstätten schon längst geschlossen wurden.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Abschaltfunken durch einen starken Luftstrom gelöscht wird

    Das ist leider ein Irrglaube. Elektrische Lichtbögen lassen sich nicht einfach so mit Druckluft löschen (man müsste durch das Prinzip der magnetischen Blasung den Weg des Lichtbögens vergrössern), es ist einzig mögliche den Lichtbogen (ca, 3000°C) zu kühlen. Dabei wird der Verschleiss an den Bauteilen kleiner ;)

    Erfolgt ein elektrischer Ausschaltbefehl , so wird das Ventil des Steuerblocks betätigt, das seinerseits über das Hauptventil die Löschkammer unter Druck setzt. Zugleich wird dem Verzögerungsventil Druckluft zugeleitet, die mit einer Verzögerung im Millisekundenbereich zum Trennerantrieb weiterströmt,, der einerseits den Trenner öffnet und andererseits das Ventil im Steuerblock wieder schliesst. Bei diesem Vorgang schliessen sich Hauptventil und die Löschkontakte ebenfalls wieder, womit der Ausschaltvorgang abgeschlossen ist. Beim Einschaltbefehl wird gleichfalls das Ventil des Steuerblocks betätigt, das seinerseits den Trennmesserantrieb bedient, wodurch der Trenner geschlossen wird.

    In diesem Steuerblock sind sind zwei Elektropneumatische Ventile vorhanden. Ein Halte- und ein Einschalt-Ventil. Zum Einschalten müssen beide Spulen erregt sein, der Hauptschalter wird eingeschaltet. Wie von Roger2 korekt beschrieben wird dann die Einschaltpsule wieder abgeschaltet. Sie ist auch nicht für Dauerbetrieb gebaut. Die Haltespule bleibt immer erregt. Erst wenn der Hauptschalter ausgeschaltet wird, wird diese Spannungslos geschaltet.

    @ Martin, die Re 6/6 verfügt ebenfalls über den Schalter Typ DBTF 20i200

    Nein leider nicht, es gibt einen kleinen aber feinen Unterschied in der Typenbezeichnung. Die Re 6/6 verfügt über einen DBTF 20k200. Ich konnte gestern gerade nicht mehr das Dokument finden, in welchem der genaue Unterschied besteht, ich werde es aber am Montag nochmals versuchen.


    @Erwin: Die gibt es zumindest von Seite SBB. Ich darf diese aber leider nicht veröffentlichen... Auch bei der SBB machen die Lehrwerkstätten gewisse Teile welche für den Betrieb benötigt werden ;)


    Martin

  • Das ist leider ein Irrglaube. Elektrische Lichtbögen lassen sich nicht einfach so mit Druckluft löschen (man müsste durch das Prinzip der magnetischen Blasung den Weg des Lichtbögens vergrössern), es ist einzig mögliche den Lichtbogen (ca, 3000°C) zu kühlen. Dabei wird der Verschleiss an den Bauteilen kleiner ;)

    Martin,


    Bei ABB sprechen alle Leute, zumindest die mit denen ich zu tun hatte, von Ausblasen oder Löschen. Vielleicht ist es technisch nicht korrekt, wird aber in der Firma so genannt.


    Hier ist ein Link zu der Patentschrift für einen solchen vergleichbaren Schalter.


    Bei modernen mit SF6 Gas gefüllten Schaltern, steht das Gas unter Druck, ca. 5-6 bar, genau weiss ich es nicht mehr.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • HalLo Martin


    Deiner Aussage kann ich nicht ganz zustimmen. Die Ventile (Ventilpatronen) werden elektronisch mittels einer Magnetspule eingeschaltet. Im SBB Steuerblock existiert nur die Einschaltspule ( Bei DB Steuerblöcken werden Ein un Ausschaltspulen separat benötigt. Die Ausschaltung bei den SBB wird mit der Ruhestromauslösung betätigt. Sehr wahrscheinlich denken wir das gleiche, aber erklären es zweispurig ;) Was den Löschfunken angeht,steht ganz klar im BBC-Revisionsleitbuch " Löschen des Abrissfunkens in der Löschkammer. Was den Schalter der Re 6/6 angeht kann es sich nur um einen anderen Wiederstand (andere Resorbitrollen)handeln. Der restliche Aufbau des Schalters ist sicher der Gleiche.


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Erwin, ja das stimmt so. Man redet immer von Löschen oder Ausblasen. Nur ist das technisch (physikalisch) nicht korrekt. Ich bezog mich rein auf das technische, auch ich rede normalerweise von löschen.


    Roger2 ich glaube auch wir reden schon vom gleichen. In den Fahrzeugschemas sind die beiden Spulen(Pos. 135 e und d) des Steuerblock eingezeichnet, ebenso auf meiner Schnittzeichnung. Die Einschalt- und Halte-Spule. Beide angezogen Hauptschalter schaltet ein, die Einschaltspule wird wie du wunderschön beschrieben hast dann sofort ausgeschaltet. Die Haltespule bleibt eingeschaltet und damit der Hauptschalter, bis die Spannung an der Spule weggenommen wird (Ruhestromprinzip). Wen ich das richtig verstehe arbeitet die DB mit dem Arbeitsstromprinzip, also Spannung hin zum Einschalten und Spanung auf die andere Spule zum Ausschalten. Zum Löschfunken siehe Antwort auf Erwins Frage. Ja die Re 6/6 haben vom Aussehen und der Funktionsweise her den gleichen Typ, Schliesslicht stammt er ja auch aus der gleichen Familie. Sie untereinander flink auszutauschen sollte man trotzdem nicht ;)


    Martin

  • So, letzten Samstag begann ich mit dem Zusammenbau des Schalters.Vorweg. So einen Krüppel von Hauptschalter habe ich schon lange nicht mehr in meiner Obhut gehabt. Alleine der Hilfsschalter verschlang über 1 Stunde bis es endlich passte. Auch die restlichen Bauteile versuchten mir den letzten Nerv zu rauben. Am Schluss war ich der Stärkere und das Innenleben ist neu aufgebaut.



    Hier seht ihr sämtliche Einzelteile des DBTF-Schalters



    Die frisch lackierte Grundplatte





    Der neu aufgebaute und geprüfte Steuerblock ( Der machte zum Glück kein Aerger )



    Der Hilfsschalter, der mich fast zur Verzweiflung brachte :rocket:



    Hier der Trennmesserantrieb



    Dies ist der Festkontakt. Dieser sitzt im Isolator vor der Löschkammer



    Dies ist der Löschkammerkopf ( Die Haube fehlt noch ) Hier wird der Abrissfunke neutralisiert



    Das Innenleben, jedoch noch ohne Steuerblock



    Es ist vollbracht. Die Technik ist verbaut. Etwas fehlt noch. Vieleicht findet es ja jemand von euch heraus :hmm:


    Der letzte Teil wird nächste Woche folgen. Bis denn und Tschüss. Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Roger,


    Einen tiptop sauberen Arbeitsplatz hast du, mit dieser Ordnung gibt es auch Qualität. :thumbsup:


    Eine tolle Schaltmechanik, simpel, zuverlässig und langlebig. Es ist eine Freude so etwas zu sehen.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • So war und ist die alte Eisenbahn eben noch. Es hält alles etwas länger. Ich sehe das bei den Stellwerken. Ein Sicherheitsrelais hält ewig. Eine Zeiteinheit (Einschaltverzögerung) geht ab und zu kaputt. Darum müssen die des öfteren kontrolliert werden.

  • Erwin


    Danke für Dein Kompliment. Das wichtigste in unserer Branche ist doch Ordnung und Sauberkeit. Nur so erhält man ein qualitativ gutes Produkt.


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Wie versprochen kommt der 3. und letzte Teil der Revision des Hauptschalters



    Hier seht Ihr die Isolatoren zum Löschkammerkopf



    Beim genauen Hinsehen sieht man im Inneren den Festkontakt.



    Hier sind sehr schön die Trennmessermesserfinger vom Trennmesserkopf zu sehen die im Eingeschalteten Zustand im Kontaktkeil sitzen.



    Hier habe ich den revidierten Löschkammerkopf angebaut



    Die letzten 3 Bilder zeigen den fertig revidierten Hauptschalter. Die nächsten 7 Jahre sollte er zuverlässig seinen Dienst auf der Lok absolvieren.


    Als kleine Zugabe habe ich noch ein Video. Dieses Video zeigt die Schaltungen 3-4 nach der Revision. Das Teil funktioniert und ich muss es nur noch Endprüfen :)


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    Grüsse Roger2

    Liebe Grüsse
    Roger2


    Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 8)

  • Saubere Arbeit, Roger! - Wie lange geht es wohl, bis der verwöhnte Modellbahner das Knallen des Hauptschalters als Soundfunktion anwählen kann.... :seriously:

    Gruss Roger


    95 von 121 grünen Ae 6/6


    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.